Leuchtende Schleuderzungen
Dienstag, 3. April 2018
Mit ihren voneinander unabhängig bewegbaren Augen und einer Zunge, die in Sekundenbruchteilen millimetergenau Insekten erfasst, zählen Chamäleons zweifellos zu den eindrucksvollsten Geschöpfen unseres Planeten und ziehen so manch einen Beobachter in ihren Bann. Mittlerweile wissen wir, dass der Wechsel ihrer Farben weniger der Tarnung, sondern viel mehr dem Ausdruck von Reizen, Stimmungen und der Thermoregulation dient. Doch die kleinen farbigen Urzeitmonster verbergen noch so manch anderes Geheimnis.
Forscher der Zoologischen Staatssammlung München publizierten am 15. Januar 2018 in der Zeitschrift „Scientific Reports“ eine bisher unentdeckte Eigenschaft dieser Echsen. Unter UV-Licht leuchten - für uns Menschen sonst unsichtbare - Muster auf. Insgesamt wurden Daten von rund 160 auf Madagaskar einheimischen Chamäleons der Gattung Calumma gesammelt. Mit Hilfe von Mikro-CT-Scans ließ sich herausfinden, dass dieses Leuchten vom Skelett ausgeht und durch die Haut durchscheint. Die Leuchtmuster unterscheiden sich von Art zu Art in ihrer Konstellation an Kopf und Körper. Verantwortlich dafür sind die sogenannten Tuberkel. Diese knöchernen Höcker befinden sich unter der sehr dünn beschuppten Haut und werden beim Auftreffen der UV-Strahlen in für uns sichtbares, blaues Licht umgewandelt. Bei einigen Arten ist dieses Phänomen entlang der Wirbelfortsätze bis hin zum Schwanz zu beobachten.
Es ist zwar bereits seit längerer Zeit bekannt, dass Knochen unter ultraviolettem Licht blassblau leuchten, aber dass dieses Phänomen aktiv in der Welt der Wirbeltiere genutzt werden kann, ist eine vollkommen neue Erkenntnis. In der Veröffentlichung ihrer Studie konnten die deutschen Wissenschaftler Sinn und Zweck dieses Phänomens natürlich nur erahnen, schließlich kennen wir eine derartige Fluoreszenz bis dato nur von Meeresorganismen.
Fest steht, dass männliche Chamäleons über mehr Tuberkel verfügen als Weibchen und dass ihre aufleuchtende Musterung von Art zu Art stark differiert. Die Untersuchungen ergaben, dass das Leuchten wahrscheinlich für andere Echsen wahrnehmbar ist, schließlich treten blaue Farben im Wald relativ selten auf und sind somit für ein geschultes, UV-empfindliches Auge gut erkennbar. Diese Signale könnten dementsprechend zur Identifikation von Artgenossen beitragen und stellen uns vor eine ganz neue Sicht einer möglichen Kommunikation in der Tierwelt. Ob diese Biofluoreszenz beim Auffinden eines passenden Partnertieres hilfreich ist, oder ob sich Chamäleons so vielleicht vor übermäßigem Sonnenlicht oder Fressfeinden schützen ist und bleibt noch ungeklärt.